Familiengrab soll Baum weichen

13. Oktober 2018

Auf einem Waldviertler Friedhof sorgt eine Blutpflaume für Ärger. Der Baum befindet sich in unmittelbarer Nähe eines Familiengrabes am Friedhof von Groß-Siegharts. Die Blüten, Blätter und Früchte des Baumes verschmutzen die Steinplatten und Einfassungen des Grabes derart massiv, dass das Grab ständig gereinigt werden muss. Zusätzlich lockt der Duft der Pflaumen zahlreiche Wespen und Bienen an, so dass Grabarbeiten während dieser Zeit praktisch unmöglich sind.

Die Familie wandte sich mit ihrem Problem an die Gemeinde. Diese bot dem Ehepaar an, dass es den Baum auf eigene Kosten entfernen und an seiner Stelle einen Kugelahorn einpflanzen lassen könne. Die Familie sah jedoch nicht ein, warum sie sämtliche Kosten tragen sollte – schließlich handle es sich weder um ihr Grundstück noch um ihren Baum. Die Gemeinde weigerte sich und meinte, das Ehepaar könne das Familiengrab allenfalls auflassen. Ein Argument, das das Ehepaar nicht akzeptieren kann. Sie wandten sich an die Volksanwaltschaft.

„Die Familie hat ein aufrechtes Grabbenützungsrecht, das sie 2016 verlängert hat. Dieser Bescheid verpflichtet einerseits die Gemeinde Groß-Siegharts zu Schutz und Sorgfalt, andererseits die Familie zur Grabpflege. Die Blutpflaume macht die Grabpflege aber – insbesondere zur Wespenzeit – nahezu unmöglich. Warum muss die Familie die Folgen ausbaden, obwohl ihr der Baum gar nicht gehört?“, fragt Volksanwältin Gertrude Brinek und sieht die Gemeinde in der Pflicht. Die Argumentation, das Familiengrab zugunsten des Baumes aufzugeben, ist unzumutbar und widerspricht jeglicher guter Verwaltung.

Volksanwältin Brinek fordert die Gemeinde daher auf, den Baum zu entfernen, und sich bei der Familie für die bisherigen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.

 

Nachgefragt: Barrierefreier Zugang zur Badener Bahn

Mit dem Rollstuhl mobil zu sein, stellt Betroffene oft vor unüberwindbare Hürden. Eine solche Hürde stellt beispielsweise die Haltestelle der Badener Bahn „Maria Enzersdorf Südstadt“ dar. Sie wurde seit 50 Jahren nicht modernisiert und verfügt weder über einen Lift noch über eine Rolltreppe. Da der Bahnsteig nur über eine Stiege erreichbar ist, kann die Station von mobilitätseingeschränkten Personen nicht benützt werden. Gezwungenermaßen würden viele Anrainerinnen und Anrainer mit dem PKW zur Station in Wiener Neudorf fahren.

Der Bürgermeister von Maria Enzersdorf, Johann Zeiner, bemüht sich bereits seit 2013 um einen barrierefreien Zugang und würde auch die Wartungspauschale für einen Lift übernehmen. Doch bisher war eine Lösung nicht möglich.

Dabei gäbe es aus rechtlicher Sicht zwei Verpflichtungen zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zur Station: die seit 2008 geltende UN-Behindertenrechts-konvention und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG).

„Wirklich barrierefrei würde bedeuten, dass Gebäude aber auch Verkehrsmittel für Menschen mit Behinderungen grundsätzlich ohne jegliche fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind“, argumentiert Volksanwältin Gertrude Brinek.

Seit 2011 arbeiten die Wiener Lokalbahnen an einem Modernisierungsprogramm. Ziel sei, Fahrgästen mehr Sicherheit und Komfort zu bieten, aber auch die Barrierefreiheit der Stationen solle hergestellt werden. Seither haben 22 von 24 Haltestellen rollstuhlgerechte Zugänge, nur die Haltestellen Maria Enzersdorf Südstadt und Baden Viadukt wurden noch nicht für Rollstuhlfahrer optimiert. Derzeit würden die verschiedenen Varianten für den Umbau in Abstimmung mit der Gemeinde analysiert. Anschließend solle ein vollständiger Umbau bis 2023 folgen, so die Wiener Lokalbahnen. Als Zwischenlösung solle bis Jahresende die Barrierefreiheit der Haltestelle Maria Enzersdorf Südstadt mit Hilfe eines Treppenliftes hergestellt werden.

„Das ist für uns nicht akzeptabel. Hier wird wieder hinausgeschoben und vertröstet. Wir fordern eine saubere Lösung und die rasche Herstellung vollständiger Barrierefreiheit durch den Bau eines ordentlichen Liftes“, so die Volksanwältin. „Neben der rechtlichen Verpflichtung besteht in diesem Fall auch eine wirtschaftliche Verpflichtung – die Wiener Lokalbahnen haben die öffentliche Versorgung zu gewährleisten, und eine soziale Verpflichtung, um die Menschen nicht auf den Individualverkehr abzudrängen“, so Brinek.